Helen & Markus Wegmüller

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Der Vielfalt verpflichtet

Lupinen und Lavendel, Mutterkühe und Mastschweine – das alles hat Platz auf dem Hof von Helen und Markus Wegmüller im oberaargauischen Leimiswil. Ihnen ist sehr wichtig, ihren Kundinnen und Kunden die reale Landwirtschaft zu zeigen. Das schaffen sie mit einem vielfältigen Direktvermarktungs– und Agrotourismusangebot.

An die Flanke eines oberaargauischen Hügels in der Nähe von Leimiswil schmiegt sich der Hof der Familie Wegmüller. Das Himbeerfeld zum Selberpflücken und das Lavendelfeld liegen auf der Kuppe. Ein gelb markierter Wanderweg führt direkt am Hof vorbei, in der Nähe verlaufen die Velorouten 99 (Herzroute) und 71 (Passwang-Oberaargau) sowie die Wanderroute Via Jacobi (Nummer 4). Eine kurze Rast im Hofladen oder gar eine Übernachtung bieten sich an. Daneben halten Wegmüllers Angus-Mutterkühe und Mastschweine und bauen Mais, Getreide und Lupinen an.

Allerlei aus Lupinen

Bei einer Tasse Lupinenkaffee erzählen Helen und Markus Wegmüller von ihren Erfahrungen mit dieser wiederentdeckten Kultur. «Wir suchten nach einer Ackerkultur, die wir zu verschiedenen Produkten verarbeiten können», erzählt Helen Wegmüller. Sie stellt Schaugläser auf den Tisch, darunter Schoten, Samen, geschälte Samenhälften (sehen ein bisschen aus wie Gelberbsen), geröstete Samen, Lupinenschrot, Lupinenmehl und gemahlener «Kaffee». Aktuell testen sie Teigwaren mit verschiedenen Lupinenmehl-Anteilen und experimentieren mit Burgerplätzchen. «Bei 35 Prozent Eiweissanteil kann man aus dem Mehl einen Proteindrink machen oder es übers Müesli streuen», erklärt Helen weiter. Die Vorteile liegen auf der Hand und passen gut in die aktuelle Diskussion um Protein in der Ernährung. «Allerdings benötigen Konsumentinnen und Konsumenten viel Überzeugung», sagt Markus. «Meistens kennen sie von den Hülsenfrüchten nur Kichererbsen.»

Ein Bett im Lavendelfeld

Eine weitere sehr vielfältige Kultur auf dem Betrieb von Helen und Markus Wegmüller ist der Lavendel. Bereits vor sechzehn Jahren sind die beiden in die Produktion der Heilpflanze eingestiegen. «Man kann Lavendel in der Küche verwenden, als Gewürz oder Beigabe zu Salzen, im Badezimmer als Bestandteil von Cremen, Seifen oder Ölen, im Kleiderschrank, in Sträussen, zur Dekoration und vor allem als Heilpflanze…» zählt Helen auf.

Während mindestens fünf Wochen blüht der Lavendel, von ca. Mitte Juni bis Ende Juli. Dann «vermieten» Wegmüllers das Feld für Fotoshootings – und man kann inmitten der violetten Blütenpracht übernachten. Als Schlechtwettervariante und Rückzugsort gehört zu der Übernachtung immer auch das «Uszythüsli» dazu. Natürlich sei es ungewohnt, dass man einen feinen Lufthauch am Gesicht spüre; auch die Geräusche könnten einen wachhalten. «Dennoch schlafen die meisten Gäste viel besser, als die denken.»

Mehr oder weniger Wertschätzung

Die ausgebildete Tourismusfachfrau Helen ist bei der Betreuung der Gäste in ihrem Element. «Ich bin sehr gerne Gastgeberin und möchte meinen Gästen die Freude an der Natur zeigen und ihnen etwas mitgeben.» Die Wertschätzung sei riesig, wenn die Kühe am Morgen in der Nähe grasen oder wenn das Frühstück mit selbstgebackenem Brot und eigener Konfitüre serviert wird. «Vieles davon ist für uns selbstverständlich – die Gäste schätzen es enorm.» Im Freizeitbereich gebe es auch keine Preisdiskussionen – im Unterschied zu der übrigen Landwirtschaft.

Preisdiskussionen bei Fleisch und Getreide

Mit den traditionelleren Betriebszweigen beschäftigt sich Markus: Mutterkühe, Mastschweine und Ackerbau. «Da läuft es anders», erzählt er. «Ich liefere Tiere oder Ernten an die Annahmestelle und vielleicht gibt es noch Preisabzüge.» Mit den Konsumentinnen und Konsumenten des Fleischs oder des Getreides hat er keinen Kontakt. Das sei im Agrotourismus komplett anders: «Ich sehe es bei den Himbeeren. Die Leute kommen gerne zu uns, sie sind draussen, haben die schöne Aussicht, pflücken feine Beeren. Da erfahren wir sehr viel Wertschätzung.»

Der Umgang mit den Lamas verändert einen

Helen Wegmüller ist auf einem Betrieb mit Lamas aufgewachsen. Ihre Mutter bietet im Sommer Lama-Trekkings ab Wegmüllers Hof an. An den drei- bis vierstündigen Anlässen lerne man viel Wissenswertes über die Tiere, striegle sie und mache sie bereit, um dann mit ihnen in der Gegend rund um den Hof zu wandern. «Bei uns kann man abseits von Hauptstrassen auf Wald- und Feldwegen oder kleinen Nebenstrassen wandern», erzählt Helen. Zum Trekking gehört auch eine Pause, ein Znüni oder ein Zmittagbräteln – den Proviant tragen die Lamas.

«Man wird zu einem anderen Menschen, wenn man mit Lamas unterwegs ist», erzählt Helen. Nervöse oder hibbelige Kinder und Erwachsene beruhigten sich. Markus ergänzt: «Man muss sich darauf einlassen, einem Tier gegenüberzustehen, es zu führen und manchmal auch streng zu sein. Leider glauben sehr viele Menschen, Lamas würden dauernd spucken.» Beide lachen. «Das ist natürlich Quatsch: Sie spucken nur, wenn man sie ärgert oder sich die Lamas bedroht fühlen.»

Im Zentrum steht die Landwirtschaft

Agrotourismus ist per Definition auf landwirtschaftliche Tätigkeiten angewiesen. Das ist Helen und Markus Wegmüller ganz wichtig. Zum Beispiel beim Lavendel. Obwohl es nur eine kleine Fläche ist, wollen sie daraus ein Produkt herstellen. Aktuell suchen sie nach einer neuen Abnahmemöglichkeit für die Blüten. «Wir wollen den Lavendel als landwirtschaftliche Kultur haben und nicht nur als Kulisse fürs Übernachten», betonen die beiden. «Es muss echt sein: In erster Linie sind wir ein produzierender Landwirtschaftsbetrieb und damit in Zusammenhang betreiben wir – sehr gerne! – ein agrotouristisches Angebot.»

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